Europawettbewerb 2014

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Bundessieger vertritt Hessen


Das Gold-Dorf Mengsberg kommt aus dem Feiern nicht mehr heraus. Und aus dem Arbeiten auch nicht. Jetzt geht‘s nach Europa!

Mengsberg. Gegen 11.30 Uhr erreichte der entscheidende Anruf von Bürgermeister Thomas Groll den Ortsvorsteher. „Ich habe vor Freude eine Hechtrolle geschlagen“, schilderte Karl-Heinz Kurz gegenüber der OP seine erste Reaktion auf die frohe Botschaft: Das Land Hessen hat Mengsberg für die Teilnahme am Europäischen Dorferneuerungspreis 2014 ausgewählt.

Der Ortsvorsteher hatte nun das Problem, die Alarmkette in Gang zu setzen. Ein Feuerwehrauto stand gestern nicht zur Verfügung und ein Läuten der Kirchenglocken - wie beim Bundessieg am 26. Juni - war nicht verabredet worden. Also suchte Kurz das Lebensmittelgeschäft auf und gab der Betreiber-Familie Nass den Auftrag, für die Weiterverbreitung der Nachricht zu sorgen. „Die haben nur gejubelt und gerufen: Super, wir stehen voll dahinter!“

Gesucht: Betreiber für die Biogasanlage

Das ist das richtige Stichwort, denn hinter den den bisherigen drei Kampagnen stand die Dorfgemeinschaft geschlossen. Was soll jetzt noch geschehen, damit Mengsberg nun nach der europäische Krone greifen kann? Karl-Heinz Kurz zögert mit der Antwort keine Sekunde: „Bioenergiedorf Mengsberg heißt das Schlagwort.“

Die Nachricht von der Europa-Nominierung kam zur rechten Zeit, denn heute werden Fachleute der Firma Viessmann von der Mengsberger Bioenergie-Projektgruppe im Dorf erwartet. Die werden die Machbarkeitsstudie vorstellen. „Ende November werden wir die Studie bei einer Bürgerversammlung vorstellen und im Dezember geht es an die Arbeit“, sprüht Kurz voller Tatendrang.

Die Bioenergie-Pläne der Mengsberger sind für die Region beispiellos. Denn noch gibt es im Dorf weder eine Biogasanlage noch ein Holzhackschnitzel-Heizwerk als Wärmequelle für ein Nahwärmenetz. Und es gibt auch keinen Landwirt, der eine solche Anlage bauen und betreiben will. Trotzdem steht der Bau einer Biogasanlage - so Kurz - ganz oben auf der Agenda.

Was auf den ersten Blick verwegen klingt, bekommt durch die Details, die Karl-Heinz Kurz nennt, einen realistischen Hintergrund. Denn die Mensgberger haben einen Standort: neben der Richtung Wiera gelegenen Hähnchenmastanlage. Und dort liegt auch schon ein 40000 Euro teurer Stromanschluss für einen solche Anlage. Die Dorfgemeinschaft hat die verbindliche Zusage von Landwirten, die Biogasanlage mit den notwendigen Substraten Silo-Mais und Gülle zu beliefern. Und es gibt Investoren aus dem Dorf, die bereit sind, 75 Prozent dieser Millionen-Investition zu finanzieren. „Wir brauchen jetzt nur noch eine Landwirtsfamilie, die sich mit 25 Prozent beteiligt und die Biogasanlage betreibt“, gibt der Ortsvorsteher das Ziel vor.

Gelassenheit statt Aufregung

Sollte dieses nicht verwirklicht werden können, gibt es einen Plan B: Eine auch im Winter hoch effiziente Solarthermieanlage und ein Blockheizkraftwerk sollen dann für biologisch erzeugte Nahwärme sorgen.

Die Präsentation vor der Europa-Jury, die in der ersten Juni-Woche 2014 nach Mengsberg kommt, bereitet dem Ortsvorsteher kein Kopfzerbrechen. The same procedure as every year. „Das ist wie ein Theaterstück, das man immer wieder mal aufführt“, stellt Karl-Heinz Kurz gelassen fest.

Bislang ist der Vorhang nach den Mengsberger Zukunfts-Inszenierungen dreimal gefallen - und jedes mal folgte eine aufregende Zugabe. Die wird‘s im Juni definitiv nicht geben. Denn ein World-Champion unter den besonders zukunftsfähigen Dörfern wird nicht gekürt. Was schade ist.

Quelle: www.op-marburg.de (Matthias Mayer / Marius Mayer)